Neue Deutsche Rechtschreibung
Gottfried Keller (19.07.1819โ15.07.1890) war ein Schweizer Dichter und Staatsbeamter. Man kann ohne Zweifel sagen, dass Gottfried Keller der wichtigste Autor der Schweiz im 19. Jahrhundert war. Wegen eines Dummejungenstreiches von einer hรถheren Schulbindung oder gar einem Studium ausgeschlossen, fand der Halbwaise รผber den Umweg der Lehre zum Landschaftsmaler doch noch zur Literatur. Er hinterlรคsst ein groรes Werk an Gedichten, Dramen, Novellen und Romanen.
Viktor Stรถrteler, von den Seldwylern nur Viggi Stรถrteler genannt, lebte in behaglichen und ordentlichen Umstรคnden, da er ein eintrรคgliches Speditions- und Warengeschรคft betrieb und ein hรผbsches, gesundes und gutmรผtiges Weibchen besaร. Dieses hatte ihm auรer der sehr angenehmen Person ein ziemliches Vermรถgen gebracht, welches Gritli von auswรคrts zugefallen war, und sie lebte zutulich und still bei ihrem Manne. Ihr Geld aber war ihm sehr fรถrderlich zur Ausbreitung seiner Geschรคfte, welchen er mit Fleiร und Umsicht oblag, dass sie trefflich gediehen. Hiebei schรผtzte ihn eine Eigenschaft, welche, sonst nicht landesรผblich, ihm einstweilen wohl zustatten kam. Er hatte seine Lehrzeit und einige Jahre darรผber nรคmlich in einer grรถรeren Stadt bestanden und war dort Mitglied eines Vereines junger Comptoiristen gewesen, welcher sich wissenschaftliche und รคsthetische Ausbildung zur Aufgabe gestellt hatte. Da die jungen Leute ganz sich selbst รผberlassen waren, so รผbernahmen sie sich und machten allerhand Dummheiten. Sie lasen die schwersten Bรผcher und fรผhrten eine verworrene Unterhaltung darรผber; sie spielten auf ihrem Theater den Faust und den Wallenstein, den Hamlet, den Lear und den Nathan; sie machten schwierige Konzerte und lasen sich schreckbare Aufsรคtze vor, kurz, es gab nichts, an das sie sich nicht wagten.
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