Mary Sophie
Es herrscht von der ersten bis zur letzten Seite ein äußerst angenehmer Schreibstil, der zum weiterlesen verleitet. Es wurde eine Ausdrucksweise gewählt, die der damaligen Zeit etwas angepasst wurde und den Leser so gedanklich in die Handlungszeit reisen lässt. Ich mochte diese Art der Erzählung gerne, gleichzeitig habe ich dadurch mehr Zeit beim Lesen gebraucht und mich am Ende gut eine Woche mit dem Roman beschäftigt. Es gibt viele Erzählstränge, die manchmal nebeneinanderher laufen, oft ineinander greifen und sich verbinden. Auch dadurch ist ein aufmerksames Lesen angebracht, um keine Information zu verpassen und um einen allgemeinen Überblick zu behalten. Anhand dieser breitgefächerten Erzählsituation trifft man auf Menschen unterschiedlicher Stände, mit verschiedenen Meinungen und Gedanken zum Kirchenbau. Manchmal war mir die Lösung von Konflikten etwas zu einfach und leicht. Es wurden mal eben Entscheidungen getroffen, die nicht immer gut überlegt wurden. Protagonisten haben sich plötzlich geändert, ohne das es dazu erklärende Worte gibt, obwohl sich ein Teil der Handlung immer wieder um diese zwischenmenschlichen Probleme gedreht hat. Das war mir zu schnell und einfach gelöst, zumal es nur selten Kompromisse gab, sondern recht plötzlich wieder heile Welt geherrscht hat. Gerade mit den historischen Ereignissen, die zahlreich auftauchen, hat die Autorin einen Schwerpunkt geschaffen, der mich vollkommen überzeugt hat. Nicht nur über den Kirchenbau, sondern auch über die Politik der Ratsherrn und über die Grafenfamilie gibt es zahlreiche Informationen, die einen großen Umfang besitzen. So kann man als Leser hautnah miterleben, welche Probleme es beim Bau des Münsters gibt, welche Steine in den Weg gelegt werden, aber auch mit was sich die Einwohner der Stadt tagtäglich herumschlagen mussten. Es entsteht ein breites Bild über verschiedenste Angelegenheiten, von denen ich vorher in dieser Art und Weise noch nie gehört habe. Ich war von vielen Vorgängen innerhalb der Stadt, als auch auf der Baustelle überrascht und konnte meinen Horizont erweitern. Man kann deutlich herauslesen, wie viel Recherchearbeit hinter dem Werk steckt. Nicht nur anhand der unglaublich vielen Informationen, sondern ich finde es auch bemerkenswert, wie die Autorin Astrid Fritz es geschafft hat, diese in einen sinnvollen und glaubwürdigen Zusammenhang zu bringen. Leider tritt der Kirchenbau im letzten Buch etwas in den Hintergrund. Hier stehen eher die Beziehungen der Bürger Freiburgs im Mittelpunkt. Ich hatte die Erwartungshaltung, dass der Bau sich stets im Fokus befindet und man gefühlt miterlebt, wie jeder Stein an Ort und Stelle gebracht wird. Zwar stehen die Geschichten der Protagonisten ebenfalls in einem Zusammenhang mit dem Bau des Freiburger Münsters, doch manchmal nahmen mir ihre Kapitel überhand. Mir hätte es gefallen, wenn der Schwerpunkt noch mehr auf dem Kirchenbau gelegen hätte. Fazit: Ich weiß gar nicht, wann ich mich das letzte Mal einem solch seitenstarken Buch gewidmet habe. Ich bin aber sehr froh drum, dass ich es gelesen habe und meinen Horizont zu verschiedenen Angelegenheiten erweitern konnte. Viele historische Details sind aufgetaucht, die ich davor noch nie gehört habe und wo ich dazulernen konnte. Ein Traum war auch das Setting. Ich habe mich dort fast heimisch gefühlt, obwohl ich beide Städte noch nie besucht habe. Was ich jetzt am liebsten machen würde, so sehr hat mich die Darstellung von Freiburg und Straßburg angesprochen! Im Grunde habe ich zwei Kritikpunkte, für die ich einen Stern abziehe. Zum einen, was ich auch schwerwiegender finde, stand mir mit fortschreitender Handlung der Kirchenbau zu wenig im Mittelpunkt und gerade hierzu hatte ich mehr Erwartungen. Dafür rückten mir die Beziehungen der Bevölkerung zu sehr in den Vordergrund.